Drogenkonsumräume
Deutsche AIDS-Hilfe logo52.000 Beratungen und kein Todesfall

Erste umfassende Erhebung zeigt: Konsumräume retten Leben, verhindern Infektionen und sind ein essenzieller Baustein der Drogenhilfe. Auch in Schleswig-Holstein und Sachsen gibt es solche Einrichtungen bald.

Drogenkonsumräume haben im Jahr 2023 in Deutschland über 650 Drogennotfälle bewältigt – aufgrund der professionellen Hilfe in solchen Einrichtungen endete keiner tödlich. Dies ist eines der Ergebnisse der ersten bundesweiten Erhebung zur Nutzung dieser Einrichtungen, durchgeführt von der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, der Bundesarbeitsgemeinschaft Drogenkonsumräume und der Deutschen Aidshilfe (DAH).

Insgesamt fanden in Deutschlands Drogenkonsumräumen mehr als 650.000 Konsumvorgänge statt, darunter 230.000 Injektionen. Da in diesen Einrichtungen für jeden einzelnen Konsum sterile Spritzen und Utensilien ausgegeben werden, wird die Übertragung von HIV oder Hepatitis komplett verhindert. Insgesamt wurden 2023 rund eine Million Spritzen und Nadeln ausgegeben.

Außerhalb dieser geschützten Räume sieht die Realität anders aus: 2.277 drogenbedingte Todesfälle registrierte das Bundeskriminalamt 2023 – mehr als doppelt so viele wie zehn Jahre zuvor und so viele wie nie. Die Zahl der HIV-Neuinfektionen bei Drogenkonsument*innen steigt laut Robert Koch-Institut seit 2010.

Versorgungslücken schließen

Drogenkonsumraum von Fixpunkt in Berlin © DAH | Bild: Jan N. Nelles
Drogenkonsumraum von Fixpunkt in Berlin
© DAH | Bild: Jan N. Nelles

„Die Zahlen belegen eindrucksvoll, dass Drogenkonsumräume Leben retten und Infektionen verhindern. Doch sie zeigen auch, dass wir dringend mehr dieser Einrichtungen brauchen – in allen Bundesländern und mit längeren Öffnungszeiten“, sagt DAH-Vorstand Sven Warminsky.

Derzeit gibt es Drogenkonsumräume nur in 8 der 16 Bundesländer. In Schleswig-Holstein und Sachsen wurden bereits die erforderlichen Rechtsverordnungen erlassen. In Kiel soll in diesem Jahr ein Drogenkonsumraum, in Leipzig ein Konsummobil in Betrieb gehen. In Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen fehlen die Rechtsverordnungen noch. Die bayrische Landesregierung beispielsweise will ausdrücklich keine Drogenkonsumräume – obwohl das Land bei den Todesfällen auf Platz 3 liegt.

Beratung und Weitervermittlung: ein Schlüssel zur Hilfe

Dabei bieten die Einrichtungen auch einen wichtigen Zugang zu Hilfsangeboten: 52.000 Beratungen fanden hier 2023 statt – oft mit Weitervermittlung in die Substitutionsbehandlung, Entgiftung oder andere Therapien.

„Drogenkonsumräume sind eine Brücke in das Hilfesystem und tragen dazu bei, die gefährlichen Folgen von Abhängigkeitserkrankungen zu minimieren – bis hin zum Ausstieg aus der Sucht“, erklärt Dirk Schäffer, Referent für Drogen und Strafvollzug der Deutschen Aidshilfe.

Auch der öffentliche Raum wird entlastet – vom Drogenkonsum und Hinterlassenschaften wie gebrauchten Spritzen. Die Vermeidung von HIV- und Hepatitis-Infektionen spart hohe Behandlungskosten, ebenso wie die Reduzierung von Notfalleinsätzen durch Rettungsdienste.

„Diese Einrichtungen sind ein Gewinn für die gesamte Gesellschaft“, betont DAH-Vorstand Sven Warminsky.

Neue Herausforderungen durch Crack

Die Erhebung zeigt auch, dass sich der Drogenkonsum verändert: 396.000 Konsumvorgänge erfolgten inhalativ. 115.000 entfielen auf Crack – eine Substanz, die mit hoher Frequenz konsumiert wird.

„Die Drogenhilfe muss heute auf verschiedene Konsumformen vorbereitet sein und braucht mehr Kapazitäten, um dem steigenden Bedarf gerecht zu werden“, so Dirk Schäffer.

Erste bundesweite Erhebung

An der Befragung beteiligten sich 29 der 32 Drogenkonsumräume in Deutschland. Insgesamt nutzten im Jahr 2023 rund 18.500 Menschen deren Angebote. Die Erhebung soll künftig jährlich stattfinden, um Entwicklungen besser zu verstehen und Bedarfe frühzeitig zu erkennen.

https://t1p.de/sbpbq

holger.wicht@dah.aidshilfe.de




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