DÖAKdeutsche AIDS Gesellschaft e.V.Update HIV-Leitlinien

Die Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der HIV-Infektion wurden aktualisiert. Im Vergleich zur Version von 2020 gab es insbesondere bei den Empfehlungen zur Firstline-Therapie relevante Änderungen.

Die Aktualisierung wurde auf dem Deutsch-Österreichischen HIV-Kongress in Wien konsentiert. An den Formalien hat sich nichts geändert. Es bleibt die Einstufung der Empfehlungen von „soll“ und „empfohlen“ bis „soll nicht“ und „nicht angezeigt“. Ebenso bedeutet „Starker Konsens“, dass über >95% der beteiligten Personen dafür gestimmt haben, bei einem „Konsens“ waren es >75-95%. Das im Deutschen sperrige Gendern wurde elegant mit neutralen Formulierungen (z.B. Personen statt Patient*innen) umgangen.

Firstline-Therapie

Tab. 1.
Tab. 1

Deutliche Änderungen gibt es bei den Empfehlungen zur Firstline-Therapie. Die Zahl der allgemein empfohlenen Regime zur Einleitung einer HIV-Therapie wurde von 11 auf vier Regime reduziert. Während früher Ein- und Mehrtabletten-Regime aus allen drei Wirkstoffklassen empfohlen wurden, sind Proteasehemmer (Darunavir), INSTI der ersten Generation (Raltegravir) sowie das NNRTI Rilpivirin in die neue Kategorie „Für bestimmte Therapiesituationen empfohlen“ eingeteilt worden. In dieser Kategorie finden sich neben den einschränkenden Fußnoten – die es auch für allgemein empfohlene Regime für die Initialtherapie gibt – zusätzlich noch Anmerkungen zu Vor- und Nachteilen dieser Regime „für besondere Situationen“. Mit dieser „Verschlankung“, die den Praxisalltag in Deutschland wiederspiegelt, waren anders als bei der bisherigen Version nicht alle einverstanden. Der Konsens ist von >95% 2020 auf 88% 2025 zurückgegangen.

Für Frauen und Männer

In der neuen Version nicht mehr enthalten sind besondere Empfehlungen bei Frauen.

Die frühere Empfehlung bei Frauen auf spezifische „Einflussgrößen“ zu achten, die selbst in der bisherigen Version keinen starken Konsens erreichte, ist weggefallen. Die Empfehlungen zur ART bei „unverzüglichem ART Beginn ohne Resistenztest“, wurden ebenfalls gestrichen. Im Kapitel „Wann soll die Therapie eingeleitet werden“ wird ja empfohlen „grundsätzlich so rasch wie möglich“ und was das genau bedeutet, wird in der Fußnote als „binnen weniger Tage und Wochen“ erklärt sowie geeignete Regime in Empfehlung 13 „bestimmte Therapiesituationen“ aufgeführt.

Therapieversagen

Beim Therapieversagen wurden die Empfehlungen mehr von Wunsch zu Wirklichkeit gerückt. So sollte früher bei wiederholtem Nachweis einer Viruslast von >50 K/ml ein virologisches Versagen „ausgeschlossen“ werden. Die aktuelle Version empfiehlt eine zeitnahe Kontrolle. Ebenso sollte bei einer Viruslast von zweimal hintereinander 50-200 Kopien eine Resistenztestung „angestrebt“ werden.

Diagnostik

Die Empfehlungen zur Frage, wann ein HIV-Test durchgeführt werden sollte, wurden erweitert um verschiedene Indikator-Erkrankungen. Der Wunsch nach einem HIV-Test ist nicht mehr wie früher im Begleittext zu finden, sondern ganz nach oben an die erste Stelle der Empfehlungen gerückt. Zudem wird angeraten, vor dem Test „die guten Behandlungsmöglichkeiten“ zu erwähnen, um Ängste zu reduzieren. Bei den Testverfahren ändert sich nichts, nur bei akuter Infektion und positivem Virusnachweis ist der erneuerte Antikörper-Test weggefallen.

Die Ausführungen zur Diagnostik nach einem ersten positiven HIV-Test wurden verschlankt durch Zusammenfassung der früher sehr detailliert beschriebenen Untersuchungen und eine Auftrennung für die Erstvorstellung und die Folgearztbesuche. Bei den Routinekontrollen alle 3-6 Monate der „relevanten Laborparameter“ ist der Hinweis neu, dass eine Umstellung der ART bei ausbleibendem Anstieg oder einem Absinken der CD4-Zellzahl trotz guter Virussuppression („diskordantes Ansprechen“) nicht sinnvoll ist. Ein signifikanter Abfall der CD4 T-Lymphozytenzahl trotz virologischem Therapieerfolg könne auch auf weitere Erkrankungen hindeuten (z.B. Leberzirrhose, Tuberkulose, maligne Lymphome).

Gesundheitswesen

Komplett neu ist das Kapitel Menschen mit HIV, die im Gesundheitswesen arbeiten. Hier wird konstatiert, dass es bei Personen mit einer Viruslast <200 K/ml keinen Grund gibt, expositionsgefährdende Tätigkeiten (wie Operationen mit hohem Verletzungsrisiko für den Durchführenden) auszuschließen oder ihnen besondere Maßnahmen aufzuerlegen. Bislang gibt es keinen publizierten Fall der HIV-Übertragung von einer im Gesundheitswesen beschäftigten Person mit einer HI-Viruslast von <1.000 Kopien/ml auf eine Patientin oder einen Patienten. Da für Beschäftigte im Gesundheitswesen mit einer HI-Viruslast >200 Kopien/ml jedoch zumindest theoretisch ein Übertragungsrisiko besteht, wenn ihr Blut mit Patientengewebe in Kontakt kommt, kann ein vorübergehender Ausschluss dieser Personen von expositionsgefährdenden Tätigkeiten an Patientinnen und Patienten gerechtfertigt sein.

Im Fall von expositionsgefährdenden Tätigkeiten sei die Kontrolle im üblichen Abstand von 3 Monaten ausreichend. Entsprechend der Tabelle 1 sollte auf die Ergebnisse reagiert werden.

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