Mehrere Fälle von Gonorrhö mit seltener Multiresistenz nachgewiesen
Im
März 2025 wurden drei Fälle von Gonorrhö mit seltener
Multiresistenz des Erregers Neisseria gonorrhoeae (NG) gemäß § 7
Abs. 3 Infektionsschutzgesetz (IfSG) an das Robert Koch-Institut
(RKI) gemeldet. Dabei lag eine Resistenz gegenüber den nach der
aktuell gültigen AWMF-Leitlinie (AWMF: Arbeitsgemeinschaft der
Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V.)1
therapeutisch wichtigen Cephalosporinen der 3. Generation, Ceftriaxon
und Cefixim, sowie eine high-level Resistenz gegenüber
Azithromycin vor. Zudem waren die Erreger resistent gegenüber
Ciprofloxacin und Tetracyclin.
Neisseria gonorrhoeae
Es
handelte sich bei den Betroffenen um Männer aus dem Raum
Nordrhein-Westfalen mit symptomatischer
Urethritis und einer
breiten Altersspanne (18-65 Jahre), welche heterosexuelle Kontakte
als Infektionsweg angaben. Für einen Fall ist bekannt, dass ein
lokaler Kontakt zu einer Sexarbeiterin bestand, für einen weiteren
Fall wird der lokale Kontakt zu einer Sexarbeiterin vermutet. Für
den dritten Fall ist nicht bekannt, ob die Ansteckung in Deutschland
oder im Ausland erfolgte. Eine epidemiologische Verbindung zwischen
den Fällen konnte auf Basis der vorliegenden Daten nicht
festgestellt werden. Es erfolgte in allen drei Fällen eine
leitliniengerechte Therapie mit Ceftriaxon, bei zwei Fällen in
Kombination mit Azithromycin. Für einen der Fälle ist bekannt, dass
die Infektion zur Abheilung gebracht werden konnte, ein weiterer Fall
ist klinisch ohne Symptome, lehnte aber eine mikrobiologische
Therapiekontrolle ab. Für den dritten Fall liegen keine
Informationen zum Therapieerfolg vor.
Autochthone Übertragung
Die entsprechenden Isolate des Erregers wurden im Rahmen der freiwilligen, probenbasierten Gonokokken-Resistenz-Surveillance (Go-Surv-AMR)2 bzw. am Konsiliarlabor für Gonokokken am RKI weiter charakterisiert. Dabei konnten zwei der Isolate rekultiviert und im Detail phänotypisch und genotypisch untersucht werden. Die gemeldeten Resistenzprofile der NG-Isolate konnten bestätigt werden. Next-Generation Sequenzierung ergab, dass die beiden NG-Isolate genetisch nahezu identisch sind, was Anlass zum Verdacht eines Zusammenhangs der Fälle gibt. Damit gibt es zum ersten Mal starke Hinweise auf eine autochthone Übertragung von Gonorrhö mit Multiresistenz in Deutschland.
Kulturelle Anzucht wichtig
Es ist von einer erheblichen Untererfassung resistenter NG in Deutschland auszugehen. Die Diagnostik der Gonorrhö erfolgt in der Mehrzahl der Fälle über einen Nukleinsäurenachweis (z.B. PCR), welcher keine Rückschlüsse auf die Empfindlichkeit gegenüber gängigen Antibiotika zulässt. Für die Empfindlichkeitstestung ist aber mit wenigen Ausnahmen eine zusätzliche kulturelle Anzucht notwendig, wie in der aktuell gültigen Leitlinie gefordert. Außerdem sollte nach Möglichkeit immer eine mikrobiologische Therapieerfolgskontrolle, sowie eine Benachrichtigung von Partnerinnen und Partnern inkl. Diagnostik und ggf. Therapie erfolgen.
Beratung durch das Konsiliarlabor
Bei Nachweis von NG-Isolaten mit Cephalosporin- oder Multiresistenz oder bei Verdacht auf Therapieversagen bitten wir um zeitnahe Kontaktaufnahme mit dem Konsiliarlabor für Gonokokken am RKI unter kl-gonokokken@rki.de zur Diagnostik- und Therapieberatung.
Referenzen
1 Deutsche STI-Gesellschaft. Diagnostik und Therapie der Gonorrhoe. AWMF S2k-Leitlinie: Registernummer 059-004. AWMF; 2019
2 Gonokokken-Resistenz-Surveillance (Go-Surv-AMR) am Robert Koch-Institut: www.rki.de/gosurv
3 Konsiliarlabor für Gonokokken am Robert Koch-Institut: www.rki.de/kl-gonokokken