Schwangerschaft und Hepatitis C

Eine Schwangerschaft beeinflusst den längerfristigen Verlauf einer Hepatitis C (HCV) Infektion nicht und eine HCV Infektion ist im Allgemeinen nicht mit einem erhöhten Risiko für die Schwangerschaft verbunden. Das vertikale Übertragungsrisiko auf das Kind liegt durchschnittlich bei 5%. Eine Immunprophylaxe, aktiv und passiv, steht für die Kinder nicht zur Verfügung. Eine schwangere Person mit einer HCV-Infektion sollte daher von einem interdisziplinärem Expert*innenteam bestehend aus Hepatolog*innen, Geburtshelfer*innen und Pädiater*innen betreut werden.

Screening

Tab. 1 Empfehlung 1.1
Tab. 1Quelle: S3-Leitlinie „Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-C-Virus (HCV) -Infektion“

Ein generelles Screening auf Hepatitis C in der Schwangerschaft wird in Deutschland nicht empfohlen. Für schwangere Frauen gelten die allgemeinen Empfehlungen zum HCV Screening wie für Erwachsene (Tab. 1). Die Prävalenz von Menschen mit HCV-Infektion ist in Deutschland mit <1% relativ niedrig, die vertikale Transmissionsrate liegt durchschnittlich bei 5%. Europäische und amerikanische Leitlinien empfehlen dennoch ein HCV Screening für alle schwangere Frauen, welches in einer Studie auch bei einer HCV-Prävalenz <1% als kosteneffektiv nachgewiesen wurde.2 Die Detektion einer HCV Infektion in der Schwangerschaft ermöglicht eine frühzeitige Anbindung an Versorgung und Therapie sowohl der schwangeren Person als auch des Neugeborenen.

HCV-MTCT-Risiko

Das HCV-Übertragungsrisiko von der Mutter auf das Kind (Mother-To-Child Transmission) liegt bei 1-6%. Eine Assoziation der Übertragung bei einer hohen HC-Virämie der Mutter, insbesondere ≥106 IU/ml, ist in verschiedenen Studien beschrieben worden, jedoch ist kein klarer Schwellenwert für ein höheres Übertragungsrisiko etabliert worden. In seltenen Fällen wurde eine Transmission auch bei nicht virämischen Müttern beobachtet, so dass auch Kinder von Müttern mit negativer HCV Viruslast in jedem Fall postpartal kontrolliert werden müssen.3

Mädchen sind bei einer vertikalen HCV-Transmission doppelt so häufig betroffen wie Jungen (8% vs. 4%). Bei Zwillingen sind diskordante Verläufe beschrieben, dabei hat das zweitgeborene Kind und/oder das Kind mit dem höheren Geburtsgewicht ein höheres Risiko. Die Gründe hierfür sind unbekannt.

Eine HIV-Koinfektion der Mutter erhöht die Wahrscheinlichkeit der HCV-Transmission bis zu 36%, wobei Kinder mit vertikaler HIV-Infektion häufiger betroffen sind. Die antiretrovirale Behandlung der HIV-Infektion der Mutter senkt hier auch das Risiko der vertikalen HCV-Transmission.

Falls die Möglichkeit einer nicht-in-vasiven pränatalen Untersuchung ausgeschlossen wurde, kann eine Amniozentese durchgeführt werden. Jedoch wird aus infektiologischen Gründen von einer Chorionzotten-Biopsie und einer Episiotomie bei vaginaler Geburt abgeraten.

Verlauf

Während es im Verlauf der Schwangerschaft zu einem Abfall der Transaminasen kommt, wird ein kontinuierlicher Anstieg der HC-Viruslast insbesondere im dritten Trimester beobachtet. Nach Ende der Schwangerschaft pendeln sich Transaminasen und HC-Viruslast wieder auf die Ausgangswerte ein. Die Schwangerschaft hat meistens keinen Einfluss auf den langfristigen Verlauf der chronischen Hepatitis C. Studien haben postpartal in bis zu 10% ein Abfall der HCV-RNA unter die Nachweisgrenze nachgewiesen.3 Bei Schwangeren mit chronischer Hepatitis C ist ein höheres Risiko für eine intrahepatische Cholestase, Frühgeburtlichkeit, intrauterinen fetalen Tod und unterdurchschnittliches Gewicht für das Schwangerschaftsalter beschrieben, wobei unklar ist, inwieweit Komorbiditäten, wie z.B. Substanzgebrauch, hier eine entscheidende Rolle spielen.3

Schwangere Personen mit Leberzirrhose haben ein erhöhtes Risiko für einen ungünstiges maternales Outcome (z.B. Preeklampsie, Sektio, hämorrhagische Komplikationen und Tod) und schlechteres neonatales Outcome (z.B. Frühgeburtlichkeit, niedriges Geburtsgewicht, neonataler Tod). Hier ist die Betreuung der Schwangeren durch ein interdisziplinäre Expert*innenteam bestehend aus Hepatolog*innen, Geburtshelfer*innen und Pädiater*innen von besonders großer Bedeutung.

Geburtsmodus

Es besteht keine generelle Empfehlung zur Sectio bei Schwangeren mit HCV-Infektion, da sich in Kohortenstudien kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der HCV MTCT gezeigt hat. Randomisierte kontrollierte Studien hierzu fehlen.

Auch bei Zwillingsschwangerschaften, bei denen Plazentaeinrisse oder -ablösungen als Grund für das erhöhte Risiko des zweiten Kindes diskutiert werden, kann aufgrund unzureichender Datenlage keine Empfehlung für die Sectio ausgesprochen werden.

Stillen

Auch wenn in Einzelfällen HCV in Muttermilch nachgewiesen werden kann, wird nicht vom Stillen abgeraten.4,5
Die Untersuchung von HCV in Muttermilch ist schwierig, da die kommerziellen PCR-Tests nicht für die
Untersuchung von diesem Material geprüft und zugelassen sind. In Kohortenstudien konnte keine Assoziation zwischen Stillen und einem erhöhten Transmissionsrisiko nachgewiesen werden. Bei verletzten oder blutenden Brustwarzen sollte das Stillen pausiert werden.3

HCV-Therapie

Aktuell wird eine HCV-Therapie in der Schwangerschaft nicht empfohlen.6 Die DAA (direct-acting antiviral treatment) Therapie ist in der Schwangerschaft nicht zugelassen und es gibt nur wenige Daten zur Sicherheit und Effektivität der DAA Therapie in der Schwangerschaft.7,8 Bei einer ungeplanten Schwangerschaft während der DAA Therapie sollte die Fortführung der Therapie von Fall zu Fall getroffen werden nach ausführlicher Aufklärung über mögliche Risiken bei unzureichender Datenlage und fehlender Zulassung der Medikamente in der Schwangerschaft.4

Betreuung Neugeborener

Die Neugeborenen von Müttern mit HCV-Infektion sollten mittels HCV-RNA untersucht werden. Bei jungen Säuglingen können positive Befunde passager sein, daher sollte eine HCV-RNA Bestimmung im 6. Monat erfolgen. Die Untersuchung von Nabelschnurblut wird nicht empfohlen. Anti-HCV sollte auch bei Kindern von anti-HCV-positiven, HCV-RNA-negativen Müttern im Alter von 15 Monaten kontrolliert werden. Vertikal HCV-infizierte Kinder sollten frühzeitig durch eine pädiatrische Infektiologie mitbetreut werden, um gemäß Zulassung im frühen Kindesalter eine HCV-Therapie leitliniengerecht durchzuführen.


Literatur

1 DGVS S3-Leitlinie „Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-C-Virus (HCV)-Infektion“ der DGVS; https://www.dgvs.de/leitlinien/leber-galle-pankreas/hepatitis-c/

2 Chaillon A, Rand EB, Reau N, Martin NK. Cost-effectiveness of universal hepatitis C virus screening of pregnant women in the United States. Clin Infect Dis 2019;69:1888-1895

3 AASLD HCV Guidance: Recommendations for Testing, Managing, and Treating Hepatitis C. HCV in pregnancy; https://www.hcvguidelines.org/unique-populations/pregnancy

4 EASL Clinical Practice Guidelines on the mana-gement of liver diseases in pregnancy. J Hepa-tol 2023 Sep;79(3):768-828. doi: 10.1016/j.jhep.2023.03.006

5 https://www.rki.de/DE/Aktuelles/Publikationen/RKI-Ratgeber/Ratgeber/Ratgeber_HepatitisC.html?nn=16777040#doc16784696bodyText27

6 EASL recommendations on treatment of hepatitis C: Final update of the series J Hepatol 2020 Nov;73(5): 1170-1218. doi: 10.1016/j.jhep.2020.08.018. Epub 2020 Sep 15

7 Chappell, CA · Scarsi, KK · Kirby, BJ · et al.: Ledipasvir plus sofosbuvir in pregnant women with hepatitis C virus infection: a phase 1 pharmacokinetic study. Lancet Microbe 2020; 1:e200-e208

8 Gupta, N, Hiebert L, Armstrong P et al.: Hepatitis C in pregnancy and the TiP-HepC registry. The Lancet Gastroenterology & Hepatology 2022; 7(7): 598-599

Ausgabe 3 - 2025Back

DAIG LogoDGI LogoDSTIG LogoPEG Logo

Meldungen

  • HIV

    18. September 2025: Neuer Integrationsmechanismus entdeckt weiter

  • Corona-Impfung

    18. September 2025: Vier Gruppen der Immunanwort weiter

  • Staphylokokken-Sepsis

    12. September 2025: Dalbavancin gleichauf mit Standardtherapie weiter

  • Syphilis

    12. September 2025: Eine oder drei Dosen Penicillin? weiter

  • EHEC

    11. September 2025: Keim des Ausbruchs identifiziert weiter

  • Newsletter online

    Jeden Monat akutelle Informationen rund ums Thema HIV und sexuell übertragbare Erkrankungen.

    Für Ärzt_innen, Menschen mit HIV und alle Interessierten.

    Anmeldung hier

  • Influenza

    11. September 2025: Warum manche Influenza-Erreger gefährlicher sind weiter

  • PrEP

    11. September 2025: Aktuelle Zahlen weiter

  • Pneumocystis jirovecii Pneumonie

    11. September 2025: Reicht endotracheales Aspirat zur Diagnostik? weiter

  • Isozid

    11. September 2025: Rote-Hand-Brief zu Isozid 0,5 N Pulver für Infusionslösung weiter

  • HPV

    11. September 2025: Neuer Test als Prädiktor für Kopf-Hals-Tumore weiter

  • Candidozyma auris

    11. September 2025: ECDC fordert Maßnahmen gegen rasche Ausbreitung weiter

  • Antibiotika-Resistenz

    09. September 2025: Neuer diagnostischer Ansatz weiter

  • Helicobacter pylori

    09. September 2025: Screening auf Helicobacter pylori nach Myokardinfarkt senkt Blutungsrisiko nicht weiter

  • Chikungunya, MPOX und Influenza

    09. September 2025: G-BA beschließt Umsetzung der STIKO-Empfehlungen weiter

  • SARS-CoV-2

    03. September 2025: Nasenspray mit Azelastin verringert Risiko einer Corona-Infektion weiter

Ältere Meldungen weiter

Diese Webseite bietet Informationen rund um das Thema Infektionen, Infektionskrankheiten, bakterielle Infektionen, virale Infektionen, Antibiotika, Virostatika, Infektionsschutz und Impfungen. Die aktuellen Informationen aus Medizin und Industrie richten sich an Infektiologinnen und Infektiologen, an Ärztinnen und Ärzte mit Interesse an Infektiologie.