Klug EntscheidenKlug entscheiden in der Infektiologie

„Klug entscheiden“ ist eine Initiative der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) zur Stärkung der Indikationsqualität. Kürzlich wurden drei neue Empfehlungen aus der Infektiologie veröffentlicht.

Oberflächliche Abstriche von chronischen Wunden ohne klinischen Anhalt für eine Infektion sollen nicht entnommen werden. Falls doch abgenommen, sollen die Kulturergebnisse nicht therapiert werden.

Abstriche für mikrobiologische Kulturen von oberflächlichen Wunden sollen nicht durchgeführt werden, wenn diese keine Zeichen einer Infektion, wie Schmerzen, Rötung und Überwärmung der umgebenden Haut und/oder eitrige Beläge, aufweisen. Auch nichtinfizierte Wunden sind häufig mit Bakterien kolonisiert, ohne dass eine Therapieindikation besteht. Die Abstrichergebnisse bilden deswegen Hautflora oder harmlose Besiedelung ab. Trotzdem werden Betroffene mit positiven Abstrichergebnissen meist antibiotisch behandelt. Das führt zu steigender antimikrobieller Resistenz, zu potenziell vermeidbaren Nebenwirkungen und zu höheren Kosten im Gesundheitssystem.

Bei Verdacht auf Infektion von Wunden sollen statt oberflächlicher Abstriche bevorzugt Gewebeproben aus tieferen Gewebeschichten zur mikrobiologischen Untersuchung eingesandt werden. Diese werden bevorzugt intraoperativ entnommen. Durch ein solches Vorgehen ist die Wahrscheinlichkeit deutlich höher, den tatsächlich verursachenden Erreger zu identifizieren. Eine Studie konnte zum Beispiel zeigen, dass in den oberflächlichen Wundabstrichen nur 75% der Erreger nachgewiesen wurden, die in tiefen Gewebeproben identifiziert wurden.

Patientinnen und Patienten, die anamnestisch eine Penicillinallergie angeben, haben in der Mehrzahl der Fälle keine. Sie sollen daher diesbezüglich vor Beginn einer Antibiotikatherapie eingehend zum Beispiel mittels eines Scores evaluiert werden, um den Einsatz von Zweitlinienantibiotika zu vermeiden.

Circa 5–10% der Gesamtbevölkerung vermuten, eine Penicillinallergie zu haben. Diese vage Vermutung führt
oft zur Dokumentation einer Penicillinallergie, der in der Praxis häufig eine Meidung aller β-Laktam-Antibiotika folgt. In der Mehrzahl der Fälle ist der Verdacht jedoch unbegründet, da nur circa 1% der Bevölkerung eine echte β-Laktam-Allergie aufweist.28,29,30,31 Nebenwirkungen der Antibiotika, wie Übelkeit, Diarrhö oder Virusinfektionen mit Exanthemen, können als Allergien fehlgedeutet werden.

Bakterien im Urin

Der Einsatz von Zweitlinienantibiotika hat jedoch mögliche negative Folgen wie schlechteres Outcome, vermehrte Resistenzentwicklung, höhere Nebenwirkungsraten und steigende Therapiekosten.32,33–38 Deshalb sollen Personen, die anamnestisch eine Penicillinallergie angeben, eingehend evaluiert werden.39 Mit der Erhebung der Anamnese sollten diejenigen identifiziert werden, die risikoarm ein Penicillin-Antibiotikum bekommen können. Ein einfach zu handhabender Score ist der PEN-FAST-Score (https://daebl.de/SG59).40, 41, 42 So lässt sich das Delabeling vereinfachen, das oft durch komplexe Abläufe und sehr ausführliche Fragebögen sowie eine hohe Hemmschwelle und Angst vor Fehlern im Alltag erschwert ist.43

Patienten mit asymptomatischer Bakteriurie sollen nicht mit Antibiotika behandelt werden.

Eine asymptomatische Bakteriurie, der Nachweis von Bakterien im Urin ohne klinische Symptome einer Harnwegsinfektion, hat keinen Krankheitswert und muss deshalb bis auf wenige definierte Ausnahmen nicht behandelt werden. Eine Antibiotikatherapie verhindert auch nicht das Auftreten einer symptomatischen Harnwegsinfektion, sie führt nur zu einer erhöhten Rate unerwünschter Wirkungen. Ausnahmen von dieser Regel bilden nach derzeitigem Kenntnisstand eine Schwangerschaft sowie urologische Eingriffe mit Schleimhautverletzung. Ob eine asymptomatische Bakteriurie nach Nierentransplantation behandelt werden sollte, ist umstritten.

Ausgabe 2 - 2024Back

DAIG LogoDGI LogoDSTIG LogoPEG Logo

Meldungen

  • Hepatitis E

    31. Juli 2025: Ribavirin-Dosierung bei Transplantierten weiter

  • HIV-Prävention

    31. Juli 2025: Einmalig Antikörper für Neugeborene? weiter

  • HPV

    30. Juli 2025: Beta-HPV kann bei Immunschwäche zu Hautkrebs führen weiter

  • HIV-PrEP

    28. Juli 2025: EMA-Zulassung für Lenacapavir zur PrEP weiter

  • COVID-19

    28. Juli 2025: Zulassungsempfehlung für neue Impfstoffe Comirnaty® und Spikevax® weiter

  • Newsletter online

    Jeden Monat akutelle Informationen rund ums Thema HIV und sexuell übertragbare Erkrankungen.

    Für Ärzt_innen, Menschen mit HIV und alle Interessierten.

    Anmeldung hier

  • Antibiotika-Resistenz

    28. Juli 2025: Selbst im abgelegenen Antarktis-Ozean nachgewiesen weiter

  • Lenacapavir PrEP

    23. Juli 2025: Partnerschaft Gilead und Global Fund weiter

  • COVID-19

    23. Juli 2025: Consensus Statement zur Post-COVID Diagnostik bei Lungenveränderungen weiter

  • HTLV-1

    22. Juli 2025: Das Humane T-Zell Leukämie Virus Type 1 (HTLV-1) infiziert ähnlich wie HIV die Helferzellen. weiter

  • BK-Viren

    22. Juli 2025: Neue Strategien gegen Nierentransplantat-Verlust weiter

  • Hepatitis B

    22. Juli 2025: HepB-CpG Impfung schützt bei HIV-Infektion länger als herkömmlicher Impfstoff weiter

  • Hepatitis B

    22. Juli 2025: TherVacB-Projekt startet klinische Studie zur Heilung weiter

  • West-Nil-Virus

    21. Juli 2025: Todesfall in Italien weiter

  • Doxy-Pep/PrEP

    20. Juli 2025: Studie der Charité zu Kenntnissen, Einstellungen und Nutzungsverhalten weiter

  • Robert Koch-Institut

    15. Juli 2025: Projekte zur Zecken- und Mücken-Surveillance weiter

Ältere Meldungen weiter

Diese Webseite bietet Informationen rund um das Thema Infektionen, Infektionskrankheiten, bakterielle Infektionen, virale Infektionen, Antibiotika, Virostatika, Infektionsschutz und Impfungen. Die aktuellen Informationen aus Medizin und Industrie richten sich an Infektiologinnen und Infektiologen, an Ärztinnen und Ärzte mit Interesse an Infektiologie.