Influenza H5N1 – Update: Ein Jahr Vogelgrippe

Seit dem Ausbruch von H5N1 hat die amerikanische CDC bis April 2025 70 Fälle von Vogelgrippe beim Menschen registriert.

Die Mehrzahl der Betroffenen hatte sich in der Landwirtschaft angesteckt, in drei Fällen blieb die Infektionsquelle unklar. Die Erkrankung endete nur in einem Fall tödlich. Bei dieser Person war, ebenso wie bei einem schwer erkrankten Kind in Kanada, der D11 Genotyp von H5N1 nachgewiesen worden. Bei den Infektionen, die in der Landwirtschaft erworben wurden und die mild verlaufen, dominiert der Genotyp 313.

Bislang fand sich kein Hinweis auf eine Transmission von Mensch zu Mensch.

CDC. Updated April 14, 2024. Accessed April 15, 2025. https://www.cdc.gov/flu/avianflu/index.htm

Dr. Ramona Pauli, München


Interview mit Professorin Sandra Ciesek, Frankfurt

 -- Professorin Sandra Ciesek
Frankfurt
Medizinische Virologie
Goethe-Universität
Frankfurt

Notfall-Versorgung braucht Training

In den USA wurde auch bei schwer erkrankten Personen ein neuer Genotyp beobachtet. Wie schätzen Sie die Gefahr weiterer Mutationen ein?

Ciesek: Generell lässt sich sagen: Je mehr Übertragungen und Infektionen, desto mehr Möglichkeiten für das Virus sich anzupassen. Bei jeder Mutation steigt das Risiko, dass es leichter übertragbar oder virulenter wird. Genetische Analysen zeigen, dass eine einzige Mutation der aktuell bei Kühen zirkulierenden Variante ausreicht, um an human spezifische Rezeptoren zu binden.

Die Ausbreitung von H5N1 wird in den USA von den Gesundheitsbehörden intensiv beobachtet. Gibt es eine solche Surveillance auch in Deutschland?

Ciesek:Ich bin mir nicht sicher, ob die USA auf diesem Gebiet derzeit wirklich ein Vorbild sind. Allerdings wurden in den USA seit diesem Ausbruch viele Daten und Zahlen publiziert. Wie wichtig Surveillance ist, zeigt eine kürzlich publizierte Studie. Bei einem Screening von 150 asymptomatischen Tierärzten hatten zwei Personen ohne Kontakt zu H5N1-infizierten Tieren einen positiven Test. Es könnte somit eine gewisse Dunkelziffer geben. In Europa wird das Geschehen von der European Food Safety Agency (EFSA) und dem European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) engmaschig verfolgt. In Deutschland sind das Robert Koch-Institut für Menschen und das Friedrich-Loeffler-Institut für Tiere zuständig.

Wurden in Deutschland Infektionen bei Tieren/Menschen festgestellt?

Ciesek:In Deutschland konnten im April H5N1-Infektionen nachgewiesen werden: es gab Ausbrüche in Geflügelbetrieben. Außerdem wurden 17 infizierte Wildvögel gemeldet. Auch konnte eine Infektion mit H5N1 in einem Fuchs – also einem Säugetier – in Niedersachsen nachgewiesen werden. Infektionen beim Menschen wurden in Deutschland nicht beobachtet.

Wie weit ist die Impfstoff-Entwicklung?

Ciesek: Seit Jahren stehen Impfstoffe gegen die Vogelgrippe zur Verfügung. In den USA wurden beispielsweise in den Jahren 2007, 2013 und 2020 drei verschiedene Impfstoffe gegen den H5N1-Erreger zugelassen. Auch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat mehrere Impfstoffe zum Schutz vor verschiedenen H5-Influenzaviren genehmigt. Diese Impfstoffe richten sich jedoch nicht an die breite Bevölkerung, sondern in erster Linie an Personen mit erhöhtem Expositionsrisiko – etwa Beschäftigte in der Geflügel- oder Rinderhaltung. Derzeit ist Finnland das einzige Land, das aktiv Impfungen für Menschen mit hohem Risiko anbietet. Einige Länder wie Kanada und die USA haben Impfstoffreserven angelegt, die im Bedarfsfall verteilt werden könnten, oder haben in der Vergangenheit Impfungen für besonders gefährdete Gruppen bereitgestellt.

Hat Deutschland einen Notfall-Plan in der Schublade?

Ciesek: Ja es gibt einen nationalen Notfallplan. Aber in der Schublade hilft er nicht unbedingt, es muss auch regel-mäßig trainiert werden, es muss ausreichend Fachpersonal zur Umsetzung zur Verfügung stehen. Diese Stellen müssen langfristig finanziert werden, denn das Personal kann im Fall der Fälle nicht fertig ausgebildet und mit viel Erfahrung aus dem Hut gezaubert werden. Und die Bevölkerung muss mitmachen wollen. Wir haben aus der Corona-Pandemie viel gelernt. Als Wissenschaftler haben wir bspw. im Netzwerk Universitätsmedizin die PAKOP gegründet. Pakop ist eine Pathogen-Kompetenzplattform, die fachliche und materielle Kapazität der universitären Virologie- und Mikrobiologie-Institute vereint und im Fall der Fälle eine sofortige fachliche Reaktion (Antizipation/Expertise, Testentwicklung, Forschungsunterstützung) initiieren kann.

Vielen Dank für das Gespräch

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